Im März diesen Jahres hatten meine Mitarbeiter und ich alle Ultimate-Mannschaften in einem großen Stadion zusammengebracht und ein eintägiges Turnier ausgetragen. Einige hundert Leute kamen zusammen, sogar das Fernsehen war da! Alle erlebten einen tollen Tag, der nach einer Wiederholung schrie. (Den Bericht dazu gibt’s hier.)
Nach dem Turnier haben wir an zwei weiteren Orten ein Training gestartet; zusätzlich sind die bereits etablierten Gruppen gewachsen, sodass wir jeweils zwei Mannschaften aus ihnen formen mussten, eine Preteens– und eine Teens-Mannschaft. So spielen jetzt acht Kinder- und Jugendmannschaften im Großraum Dohuk Ultimate Frisbee.
Diese acht Mannschaften werden in den nächsten Monaten eine Liga austragen. Die vier Preteens- und Teens-Mannschaften werden sich jeweils gegenseitig besuchen. Am Ende werden wir eine Preteens- und eine Teens-Mannschaft als Duhok-Ultimate-Champion küren.
Das “Spirit of the Game”-Wertungssystem
Wie bereits im März motiviert ein solcher Wettkampf alle Kids und Teens (und Trainer) enorm. Schon bevor wir die Liga angekündigt hatten, sind alle mit großem Engagement regelmäßig zu den Trainings gekommen; jetzt legen alle aber noch eine Portion mehr Energie und Aufmerksamkeit an den Tag.
Wie immer ist es mir ein Anliegen, diese positiven Effekte, die der Sport und Wettkampf bietet, zu nutzen, um über die rein physische und taktische Förderung hinaus die Teilnehmer herauszufordern. Während der Liga versuche ich das jetzt besonders durch das „Spirit of the Game“-Wertungssystem.
Ultimate Frisbee wird ohne Schiedsrichter gespielt. Das an sich verlangt schon eine gewisse soziale Kompetenz von jedem einzelnen Spieler. Um den Aspekt des sozialen Miteinanders aber zusätzlich zu betonen und zu bekräftigen, geben sich die Teams bei offiziellen Wettkämpfen für eben genau dieses soziale Miteinander Punkte. Wir wollen das nun für unsere Liga auch einführen.
Im Anschluss an jedes Spiel sollen sich die Mannschaften in einem Kreis zusammensetzen. Die Teamkapitäne werden zu fünf Kategorien die Meinung ihrer Mannschaft abfragen. Eine Kategorie ist zum Beispiel Regelkenntnis. Alle Spieler müssen sich dazu Gedanken machen, wie gut das gegnerische Team die Regeln gekannt hat. Für durchschnittliche Regelkenntnis gibt’s zwei Punkte, für gute Regelkenntnis drei und für außergewöhnlich gute Regelkenntnis vier Punkte.
Eine andere Kategorie spricht den Körperkontakt an. Ultimate Frisbee ist ein Sport, in dem der Körperkontakt so gut wie möglich vermieden werden sollte. Hat ein Team allerdings außergewöhnlich oft gefoult, gibt’s vom anderen Team nur einen Punkt oder sogar null Punkte; war es dagegen stark darauf bedacht, Kontakt zu vermeiden, gibt’s drei oder sogar vier Punkte.
Am Ende der Liga wird es auf Grundlage dieses Wertungssystem nicht nur einen Sieger nach Spiel-, sondern auch nach Fairplay-Punkten geben. Ich halte dieses System für ein geniales Werkzeug, auch wenn es gerade zu Beginn für unsere Kids und Teens eine Herausforderung darstellt. Durch das Bewerten des sozialen Verhaltens der anderen werden die Bewerter nämlich dazu angeregt und angeleitet, über ihr eigenes soziales Verhalten zu reflektieren.
Menschen begegnen sich – oft zum ersten Mal
Einen weiteren positiven Nebeneffekt der Liga sehe ich in der schlichten Begegnung von Menschen. Die Spiele werden auf den jeweiligen „Heimplätzen“ der Mannschaften ausgetragen. Das bedeutet, dass die Spieler aus der Stadt Dohuk die jesidischen Flüchtlinge in ihren Camps und Dörfern besuchen werden – und umgekehrt.
Die unterschiedlichen Religions- und Volksgruppen leben hier sehr isoliert voneinander. So haben zum Beispiel die wenigsten Kurden aus Dohuk jemals ein jesidisches Flüchtlingscamp betreten. Die Spiele sollen also dazu führen, dass die Kinder die Umgebung der jeweiligen Heimmannschaft kennenlernen und überhaupt das erste Mal in Berührung mit ihr kommen.
Als Christ glaube ich daran, dass Gott alle Menschen – ohne Ausnahme – nach seinem Bild geschaffen hat. So gilt auch seine Liebe allen Menschen, seien sie Kurden oder Araber, Muslime, Jesiden oder Christen. Je mehr ich die verschiedenen Gruppen hier aber kennenlerne, desto mehr erkenne ich, welch große Vorbehalte und Abneigung gegeneinander bestehen. Ich hoffe, dass die Begegnung durch den Sport Heilung in den Herzen der Kinder und meiner Mitarbeiter bewirkt.
Das ersten beiden Spiele
Am Freitag fanden bereits die ersten beiden Spiele statt. Die zwei Manschaften aus Dohuk sind in ein jesidisches Dorf gefahren und haben sich auf dem dortigen Sportplatz spannende, aber sehr faire Spiele geliefert. Dohuk hat beide Spiele für sich entschieden – das erste deutlich mit 12 zu 7, das andere ging knapper aus: Die Heimmannschaft lag bereits 11 zu 6 zurück, hat dann aber in den letzten 10 Minuten ganze fünf Punkte erzielt. Es kam zum entscheidenen Universe Point. Nach mehreren langen Passen, die im Nichts landeten, konnte Dohuk letztendlich den Siegpunkt erzielen.
Für viele Zuschauer am Spielfeldrand war es das erste Mal, dass sie überhaupt ein Ultimate-Frisbee-Match gesehen haben. Dass es dann direkt so spannend war, hat mich gefreut. Noch mehr war ich aber über die Einstellung der Kinder und Teenager glücklich. Auch die Jüngeren haben fast ohne Hilfe von außen eine Stunde lang fair miteinander gespielt. Es gab vereinzelte Foul-Calls, die die Kinder aber immer untereinander geklärt haben. Und zu guter Letzt haben sich die Mannschaften dann noch zusammengesetzt, um das Fairplay-Verhalten der jeweils anderen Mannschaft zu bewerten. In allen Fällen gab es überdurchschnittlich hohe Punkte.
Weitere Berichte gibt’s auf Instagram
Über die weiteren Spiele und Ergebnisse werden wir auf unserer neuen Instagram-Seite berichten. Schaut rein und klickt den Follow-Button.
In der Galerie gibt’s außerdem einige weitere Bilder von den ersten beiden Spielen zu sehen.